Anavon

erschienen 1990 zweite Auflage 2009
Alexi Nay (Gesang, Klavier, Flöte) Marcus Hobi (Gesang, Gitarre) Aschi Frei (PerKussion) Thomas Probst (Cello) Mario Giovanoli (Saxofon, Flöte) Judith und Roswitha Scherrer (Gesang)
01. Immer weiter Mehr Häuser, mehr Strassen
Mehr Beton, immer mehr
Mehr Autos, mehr Waffen
Mehr Geld, immer mehr

Jahr für Jahr weiter
Immer weiter
Vorwärts Jahr für Jahr
Jahr für Jahr vorwärts

Errichten, bauen, errichten
Strassen, Häuser und Brücken
Die Welt zu Tode jagen
Zerstören, verwüsten, zerstören

Weniger Land, weniger Kultur
Weniger Wald, immer weniger
Schmutzigere Luft, schmutzigeres Wasser
Schmutzigeres Geld, immer schmutziger

Arbeiten, verdienen, arbeiten
Tag und Nacht, heute und morgen
Den Menschen zu Tode hetzen
Konsumieren, sparen, konsumieren

An den Rosen klebt das Blut
Immer weniger glauben an morgen
Immer mehr fürchten sich vor der Zukunft
Deine Hände bluten und halten die Blume

Immer schneller, reitend dem Ende entgegen
Die Rose in der Hand, reitend in einem fort
Weiter vorwärts, reitend auf den Abgrund zu
Deinen blutigen Händen ist eine Blume entglitten
4:27
Text und Musik
Alexi Nay und Marcus Hobi
02. Politik Willst du politisieren
Dann geh zur Schnecke in die Schule
Diese ist überall zu Hause
Und streckt überall ihre Fühler aus

Willst du politisieren
Dann geh zur Katze in die Schule
Schmeichle allen, geh auf Stimmenfang
Und zeige allen dein Sonntagsgesicht

Willst du politisieren
Dann geh zur Staude in die Schule
Diese dreht sich immer so
Wie es der Wind befiehlt

Allen gibt er seine Hand, sein Lachen ist bekannt
Er lacht, zeigt seine Zähne, und alle klatschen Beifall

Er ist ein Mann von Welt, ein Mann der Öffentlichkeit
Und so viel hat er gelernt: der Schein ist fast alles

Er ist immer schick und fein, wenigstens was die Kleidung betrifft
Dies sei sehr wichtig, wenn man die Karriere vor Augen hat

Das heisst Geld und Ruhm. Und das ist nicht einfach
Vor allem, wenn Ehrlichkeit was gelten soll

Er hat es nicht unterlassen, der Partei beizutreten
Er ist in diesem Club, um nach oben zu kriechen

Doch das Kriechen ist ihm zu langsam, schnell will er vorwärtskommen
Er leckt da und dort und schmeichelt immerfort

Aber jetzt wollt ihr wohl wissen, wer dieser Mann denn ist
Er ist kein Bauer, kein Pfarrer und auch kein Schuhmacher

Das ist das Schlimmste, meine Lieben, ich weiss nicht, wer er ist
Ich weiss nur, was er tut, und das will ich nun besingen

Politik

Er ist ein feiner Herr, Kravatte, Rock und Hut
Aktentasche in der Hand, ist das nicht etwas Schönes

Er hat die ganz grosse Gabe, viel zu reden und nichts zu sagen
Dies sei Voraussetzung, um nach oben zu kommen

Er schuftete ein Leben lang für das Volk
Anerkennung will er dafür und nicht Kritik

In Reden sagt er Dinge, an die er selber nicht glaubt
Aber eben: er redet überzeugend, und alles wird geschluckt

Als junger Mann hatte er grosse Pläne, vieles wollte verändern
Aber mit den Jahren begann er zu resignieren

Heute ist er einer, den er nie werden wollte
Aber ohne Kompromisse wäre er nicht so weit gekommen

Jetzt wisst ihr wohl alle, was dieser Mann tut
Ihr kennt seine Art, ihr kennt sein Handeln

Ihr alle habt ihn irgendwann reden gehört
Helft mir singen, was er tatsächlich tut

Politik

Was macht dieser Mann eines Tages, wenn er nicht mehr befehlen
Und regieren kann, wenn er einfach nicht mehr kann

Politik
4:28
Text und Musik
Alexi Nay und Marcus Hobi
03. Herbstmärchen War sie nicht das Mädchen
Das Mädchen mit den Goldstücken
Gestern und vorgestern
Auf der Felsplatte, auf Canals und Surmulins

Lange lag sie an der Sonne
Oben bei der Birke
Blickte auf das Tal hinunter
Auf das Dorf mit seinem Treiben

Zufrieden schüttete sie
Ihre Lacken, ihre Kissen
Blieb dann lange stehen
Und betrachtete den alten Dornenstrauch

Ihre gIühenden Goldstücke
Leerte sie über die Äste
Gelbe, rote, aIIe gIänzten
In der Espe, im Gebüsch

Dann stand sie auf und ging
Ohne Hast den Berg hinauf
Im Wald verschwand sie
Bei den Felsen hinter dem Ahorn

War sie nicht das Mädchen
Das Mädchen mit den Goldstücken
Das auf der Felsplatte gesessen
Und seine Nähkissen ausgeschüttet hat

Aus der TaIsohle kroch der Nebel
über den Felsvorsprung
Das Mädchen ist nicht mehr da
ich fürchte, bald kommt der Winter
2:36
Text
Flurin Darms
Musik
Alexi Nay und Marcus Hobi
04. Mein Land Du bist mir fremd geworden
ich verstehe deine Sprache nicht mehr
du warst mir so nahe
und jetzt gehst du deinen eigenen Weg

Dein Denken geht andere Wege
unsere Träume sind so verschieden
so richtig verstehen wir uns
nur noch für Augenblicke

Tief in meinem Innern
hab' ich dich sehr gern
ich bin traurig, dass du dich in letzter Zeit
so weit von mir entfernt hast

Ich weiss nicht, was mich so stark
an dich bindet
ich weiss nur
dass es tiefe Wurzeln sind

Ohne dich kann ich nicht leben
und mit dir kann ich nicht sein
bist du mir fern, hab' ich Heimweh
bist du mir nah, will ich fortgehen

Du hast so viele Gesichter
veränderst dich andauernd
du bist voller Neid
und hast ein so grosses Herz

Viele mussten deinetwegen
das Tal verlassen
nun vermissen sie dich
ein Leben lang

Den Mächtigen musst du nützen
bist nur Objekt
Du wirst missbraucht
es fehlt die Ehrfurcht

Du bist mein Land
ich bin hin und her gerissen
und komme nicht los von dir
darum bin ich nicht gegangen
4:04
Text und Musik
Alexi Nay und Marcus Hobi
05. In diesem Land Ich wusste nichts
Von diesem Land
Tief im Innern von uns beiden
Bis zu jenem Tag
Als wir in das blaugrüne Land
Unserer Augen
Versanken
Tücher, Haare und unsere Hände
Noch tiefer
Tiefer in dieses Land
Der Geruch unserer Haut
Lippen und Schweissperlen
Irgendwo eine Zunge, deine Sprache
Versinken wir noch tiefer
In die blaugrünen Tücher
In den schäumenden Fluss unseres Innern
Wir spüren diesen kurzen Augenblick Ewigkeit
In der Wärme dieses Landes
In unserem Innersten
Ich wusste nichts
Von diesem Land
Tief im Innern von uns beiden
3:25
Text und Musik
Alexi Nay und Marcus Hobi
06. Traum Mag sein, dass ich mich irre und Verwirrung stifte
Mag sein, dass ich hoffe, und alles ist zu Ende
Dennoch ist der Traum von dir noch in mir
Mag sein, dass er vergeht und irgendwann verschwindet
Mag sein, dass er immer wiederkehrt

Immer jenen hinterherlaufen, die lenken
Arbeiten, gehorchen, heiraten, Kinder haben
Du drehst dich im Kreis und merkst es kaum
Ein Tag ist wie der andere, immer gleich

Ist das jetzt alles gewesen, hast du eines Tages gesagt
Wer weiss, ob überhaupt noch etwas kommt
War das das Leben, hast du gefragt
Das kann doch nicht das ganze Leben gewesen sein
Es muss sicher noch etwas kommen

Ob das jetzt alles gewesen sei, hattest du mir gesagt
Ob jetzt wirklich nichts mehr komme
Das sei nicht das Leben wie in deinem Traum
Es müsse doch bald etwas kommen
Du hattest den Traum noch immer in dir

Du wolltest nur leben, leben vor dem Sterben
Die Ketten sprengen und einfach über die Schranken hinweggehen
Die die anderen errichtet haben
Du wolltest leben und erst dann sterben
3:12
Text und Musik
Alexi Nay und Marcus Hobi
07. Mein Tal Ich höre den Klang
Von Stein, Erde und Eisen
Das Tal wird zerstört
Und ich, ich schaue zu

Ich sehe, wie sie fallen
Baum um Baum, der ganze Wald
Mein Schrei wird erstickt
Und der Tod geht durch das Tal

Eines Tages kommt eine Nacht
Eine Nacht kommt über uns am helllichten Tag

Ich spüre, wie sie zittert
Meine Erde, mein Tal
Wirst ausgehöhlt, betoniert
Deine Wunden tun so weh

Ich bin diese Erde
Von ihr komme ich, zu ihr kehre ich zurück
Unser Schicksal ist dasselbe
Zusammen vergehen wir

Eines Tages kommt eine Nacht
Eine Nacht kommt über uns am helllichten Tag

Aus der betonierten Erde
Wächst vielleicht eines Tages Unkraut
Vielleicht entsteht irgendwann
Nach dem Ende neues Leben

Eines Nachts kommt ein Tag
Ein Tag kommt vielleicht irgendwann mitten in der Nacht
2:59
Text und Musik
Alexi Nay und Marcus Hobi
08. Gesichter Du beteuerst zwar, mein Freund zu sein
Ins Gesicht machst du wahrlich Komplimente
Und lobst alles von Kopf
Bis Fuss
Drehe ich mich aber um
Ist es schlecht um mich bestellt

Sein wahres Gesicht
Welches ist dies wohl
Er wechselt sein Hemd
Wie es ihm gefällt
Je nach Gelegenheit
Trifft er seine Wahl

Er macht ein schönes Gesicht
Wenn er mit mir spricht
Dieses Lächeln verschwindet schnell
Wenn ich wieder weg bin
Ein Genie ist er im sich Anpassen
Im sich Verändern und sich Maskieren

Spricht er mit mir: dieses Gesicht
Mit dir: jenes Gesicht
Aber irgendwo
Unter diesen Masken
Muss er wohl sich selber sein

Er lobt mich immer
Macht ganz dicke Komplimente
Aber er denkt ganz anders
Ihm geht das leicht von der Hand
Wie eine Schlange windet er sich
Und versucht zu schmeicheln

Er zeigt wenig Mut
Ihm kannst du nicht vertrauen
Für Geld und Vorteile
Lässt er sich kaufen
Ohne Scham kann er
Seinen besten Freund verraten

Von dieser Art finden sich viele
In unserer Gesellschaft
Ddiese falschen Gesichter
Sind keine Seltenheit
So wenigen kannst du vertrauen
Diese Erfahrung musste ich machen

Spricht er mit mir: dieses Gesicht
Mit dir: jenes Gesicht
Er weiss selber nicht genau
Wer er unter all diesen Masken wirklich ist
4:22
Text und Musik
Alexi Nay und Marcus Hobi
09. Herbsttanz Die Mädchen rechen das Laub im Garten
Es fliegen die Kleider so rot
Der Wind liebkost sie ein allerletztes Mal
Verwelkt sind Blumen und Laub

Die Mädchen rechen das Laub im Garten
Rot angelaufen ihre Wangen, rot ihre Tücher
Sie nehmen sich Zeit, und sie rechen gründlich
Und rechen Träume und Sterne

Und bald kommt der Winter mit eisiger Kälte
Ich höre ihr Lied am Gartentor
Geniesse doch die Sonne und erlebe die Liebe
Auch wenn das Laub fällt und raschelt

Die Mädchen rechen das Laub im Garten
Und eine ist meine Liebste
Ich fürchte weder Kälte noch Zerrüttung
Denn wir sind in Treue verbunden

Ich weiss, sie liebt mich sehr
Über Sommer blieb unsere Liebe erhalten
Und sie ist so schön wie der Herbsttag
Der über dem Nebelmeer anbricht
2:26
Text
Flurin Darms
Musik
Alexi Nay und Marcus Hobi
10. Im Nebel Es war neblig an diesem Tag
Als sie Hand in Hand
Das Tal hinaufgingen
Die Erde war warm
Und der Himmel so nah

Im Grau des Nebels
Sind sie dann verschwunden
Aus Leichtsinn oder gewollt
Sie waren zu zweit
Und die Erde mit ihnen

An diesem Nebeltag ist die Sonne
Nicht aufgegangen, sondern gestorben
Und die beiden blieben
Mit dem Grau und sind nicht
Mit der Sonne gestorben

Eines Tages hat ein Wind
Den Nebel aus dem Tal
Weggeblasen, und niemand
Hat etwas gesehen
Was an die beiden erinnert

Doch vielleicht waren sie
Das bisschen Rauch, welches dem Wind
Lange standhielt, dann jedoch
Den Kampf verlor und hinter
Dem grossen Berg verschwand
3:19
Text und Musik
Alexi Nay und Marcus Hobi
11. Seine Lieder Lieder, die brennen und den Nerv treffen
Die verwunden und Feuer entfachen
Die der Gefahr nicht ausweichen
Und am richtigen Ort provozieren

Ehrliche Lieder, die weh tun
Die bis ins Innerste eindringen
Die Perspektiven verändern
Und uns andere Welten sehen lassen

Lieder, die brennen
Und die Augen der Zuhörer leuchten lassen
Die auch ohne Schmalz
Glaubwürdig sind

Lieder, die suchen
Und nicht jedem ins Ohr gehen
Die ihren Wert nicht verlieren
Obwohl die Zeit vergeht

Das sind die Lieder, die er sang
Und ich weiss, wie er es hasste
Lieder ohne Inhalt und Sinn zu singen
Das sind die Lieder, die er sang
Und ich weiss, wie er es hasste
Lieder nur zwischendurch zum Vergnügen zu singen
Lieder, die nichts aussagten
Und die nur zu gehorchen hatten, mochte er nicht singen
Er hatte ein anderes Repertoire

Lieder, die wie Blitze einschlagen
Und jedem Sturm standhalten
Die ohne Arglist kämpfen
Und nicht nur Beifall suchen

Lieder, die zu schreien beginnen
Wenn der Gesang nicht mehr genügt
Die tief im Herzen entstehen
Und dir die Hand geben wollen

Lieder, die leben und lachen können
Die traurig sind wie du und ich
Die man erst an jenem Tag vergisst
Wenn sie gesagt haben, was zu sagen ist
3.36
Text und Musik
Alexi Nay und Marcus Hobi